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„Nichts ist schlimmer als ein Nachbarschaftsstreit“
„Schlichten statt richten – das ist unsere Aufgabe im Schiedsamt“, erklären Sigrid Seidel und Wolfgang Weber, die beide mittlerweile in der zweiten Amtszeit ehrenamtlich als sogenannte Schiedspersonen in Seeheim-Jugenheim tätig sind. Vorwiegend sind es die klassischen Nachbarschaftsstreitigkeiten, die bei ihnen landen: Hecken oder Bäume wachsen über den Zaun, Grundstücksgrenzen werden nicht eingehalten, Lärm oder Gerüche der Nachbarn stören. Die geschulten Schlichter helfen als Unparteiische, eine gemeinsame Einigung zu finden. Das Ziel: Den Konflikt zu lösen, ohne wie in der Regel bei Gericht einen Sieger und einen Verlierer zu bestimmen.
„Nichts ist schlimmer als ein dauerhafter Nachbarschaftsstreit“, so die beiden Schiedspersonen. Einen Streit nicht eskalieren zu lassen, sondern frühzeitig das Schiedsamt zu kontaktieren, ist denn auch der Rat von Schiedsfrau Sigrid Seidel und ihrem Stellvertreter Wolfgang Weber. Mit rund 15 Fällen haben die ehemalige Förderstufenlehrerin und der pensionierte Ingenieur es pro Jahr zu tun. Und ihre Erfolgsquote dabei ist hoch: In 90 Prozent der Konflikte kommt es bei der Schlichtungsverhandlung zu einer Einigung.
Das Schiedsamt soll die Gerichte entlasten: Erst wenn das Schiedsverfahren bei verpflichtenden Fällen wie etwa Nachbarschaftsstreitigkeiten keine Einigung bringt, kann das Gericht eingeschaltet werden. Geschult sind die beiden Schiedspersonen in Zivil-, Straf- und Nachbarschaftsrecht sowie in Mediation, sie wissen um Formalien, wie Anträge und Protokolle verfasst werden müssen, haben viel Schreibarbeit zu erledigen. Beim Bund der deutschen Schiedspersonen nehmen sie an regelmäßigen Fortbildungen teil. Gewählt werden sie von der Gemeindevertretung für jeweils fünf Jahre, ihre Vereidigung nimmt das Amtsgericht in Darmstadt vor.
Die Nutzung des Schiedsamts ist nicht kostenfrei, aber mit einer Verfahrensgebühr von durchschnittlich 50 Euro wesentlich günstiger, als der Gang zum Rechtsanwalt. Was immer mehr zunimmt sind die Fälle von Beleidigungen, mit denen es Seidel und Weber zu tun haben. Wie bei den anderen Fällen des Schiedsamts gehe es aber auch hier um gegenseitige Akzeptanz genauso wie um gegenseitige Rücksichtnahme, die für die beiden Schiedspersonen den Schlüssel zu einer Schlichtung ausmachen.
Der Weg zum Schiedsamt
Bei nachbarschaftlichen Streitigkeiten aber auch bei Strafsachen wie Hausfriedensbruch, Beleidigung, übler Nachrede, Verleumdung, Verletzung des Briefgeheimnisses oder Bedrohung muss das Schiedsamt eingeschaltet werden, bevor bei Gericht eine Klage eingereicht werden kann. Jeder Bürger kann das Schiedsamt anrufen und eine Schlichtung beantragen. Die Schiedsperson lädt dann zu einer Schlichtungsverhandlung verpflichtend ein. Das Schlichtungsergebnis ist im Idealfall ein Vergleich, der für die beiden Parteien protokolliert wird und 30 Jahre rechtsgültig ist. Streitigkeiten aus dem Familien- und Arbeitsrecht oder notarielle Angelegenheiten sind dagegen nicht Sache des Schiedsamts.
Kontakt: Sigrid Seidel, Tel. 06257/999 98 38, E-Mail sigrid-seidel@web.de