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Erinnerung an Christian Stock


Vor 140 Jahren, am 28. August 1884, wurde Christian Stock geboren. Der gebürtige Darmstädter, der seit seinem 16. Lebensjahr der SPD angehörte, wurde 1946 vom Hessischen Landtag zum ersten Ministerpräsidenten von Hessen gewählt. Seit den frühen 1930er Jahren hatte er seinen Hauptwohnsitz in Seeheim und wurde 1952 zum Ehrenbürger ernannt. Sein Grab befindet sich auf dem Alten Friedhof in Seeheim.

„In Anerkennung seiner außerordentlichen Verdienste um die öffentliche Wohlfahrt des Volkes, für dessen Belange er vornehmlich als Ministerpräsident des Landes Hessen in den schweren Jahren nach dem Zusammenbruch von 1945 eingetreten ist, sowie in dankbarer Würdigung seiner Leistungen auf dem Gebiete der Sozialversicherung“, so der Wortlaut auf der Urkunde, erhielt Christian Stock vom damaligen Seeheimer Bürgermeister Adam Speckhardt die Ernennung zum Ehrenbürger.

Genauso wie sein Vater arbeitete Christian Stock nach dem Abschluss der Volksschule zunächst als Zigarrenarbeiter in Pfungstadt. Seit seinem Eintritt in die SPD 1902 engagierte er sich für die soziale Gleichstellung der Arbeiterschaft und für die Demokratie. So wurde er bereits 1910 zum Bezirkssekretär der Tabakarbeiter-Gewerkschaft Baden, Pfalz und Hessen ernannt. Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte er der Weimarer Nationalversammlung an. Reichspräsident Friedrich Ebert berief ihn 1920 als Unterstaatssekretär in das Reichswehrministerium. Ein Jahr später wurde er in den Landtag der Republik Baden gewählt, dem er bis 1925 angehörte. Zudem war er im Vorstand der Allgemeinen Ortskrankenkasse tätig, zuerst als Direktor der AOK in Heidelberg, später in Frankfurt. 1932 übernahm er die Leitung des Landesverbands der Krankenkassen in Hessen.

Als prominenter Sozialdemokrat musste er 1933 nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten sein Amt aufgeben und wurde als politischer „Schutzhäftling“ im Konzentrationslager Kislau bei Bruchsal interniert. Erst im März 1934 kam er wieder frei und schlug sich anfangs als Vertreter durch, bis er in Darmstadt einen Tabakladen eröffnete. Dieser wurde in der Nazi-Zeit zum geheimen Treffpunkt der unterdessen konspirativ arbeitenden Sozialdemokraten. Nach Kriegsende konnte Stock an seine Karriere vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten anknüpfen. Er wurde als Direktor der AOK Frankfurt eingesetzt und übernahm schon wenig später die Leitung der Landesversicherungsanstalt Hessen.

Mit der Wahl in die Verfassungsberatende Landesversammlung Ende Juni 1946 nahm er auch sein politisches Engagement wieder auf. Nach der ersten freien Landtagswahl vom 1. Dezember 1946 wurde er nur wenige Wochen später, am 20. Dezember 1946, vom Hessischen Landtag mit 58 von 87 Stimmen zum ersten Hessischen Ministerpräsidenten gewählt. Er bildete eine Koalitionsregierung aus SPD und CDU, der er bis 1950 vorstand. Bis 1954 war er als Abgeordneter im Landtag tätig.

„Christian Stock hat den demokratischen Neuaufbau in Hessen ganz wesentlich geprägt“, so Bürgermeisterin Birgit Kannegießer. „Dafür sind wir ihm zu großem Dank verspflichtet und sollten an Ehrentagen wie seinem 140. Geburtstag an sein Engagement und Wirken erinnern.“ Stock blieb bis zu seinem Tod politisch aktiv, allerdings nicht mehr in der ersten Reihe. Er starb am 13. April 1967 im Alter von 83 Jahren in Seeheim. Aus dem Nachlass wurde Mitte der 1970er Jahre die Christian- und Anni-Stock-Stiftung gegründet, die noch heute besteht und auf Wunsch des Stifterehepaars jedes Jahr besonders sozial und gesellschaftlich engagierte Schülerinnen und Schüler des Schuldorfs Bergstraße auszeichnet. Das gemeindeeigene Stadion, das sich an das Gelände des Schuldorfs anschließt, erinnert darüber hinaus als „Christian-Stock-Stadion“ an den Ehrenbürger der Gemeinde.